Jahreshauptversammlung SSV Reutlingen 1905 e.V. am 30.11.2009

Rückblick Jahreshauptversammlung
SSV Reutlingen 1905 e.V. am 30.11.2009
Aus der newSzene Ausgabe 113 (TSV 1860 München II)
Die diesjährige Jahreshauptversammlung unseres SSV war eine sehr merkwürdige Veranstaltung, die man schwer in Worte fassen kann. Trotzdem will ich es einmal versuchen:
Dass unser Verein ja in den letzten Jahren eklatante Probleme vor sich herschiebt und einen immer größeren Schuldenberg anhäuft, dürfte ja hinlänglich bekannt sein, weshalb auf diese Sachen hier nicht weiter eingegangen werden muss. Dass es so nicht weitergehen kann und wenn sich nicht grundlegend etwas ändert irgendwann der große Crash ansteht, sollte auch vielen klar sein, weshalb sich im Vorfeld der diesjährigen JHV einige engagierte Fans und Mitglieder zusammen fanden, um einen gemeinsamen Plan zu entwickeln, wie es mit unserem Verein weitergehen kann. Hier kam man überein, dass der Verwaltungsrat ein Vereinsgremium ist, das durch seine Kontrollfunktion einen erheblichen Einfluss auf die Geschäfte des Vereins nehmen kann und in der Vergangenheit viel zu unkritisch dem Präsidium gegenüber stand und deshalb seiner eigentlichen Aufgabe nicht gerecht werden konnte, weshalb hier eine Veränderung nötig ist.
Da bei der diesjährigen JHV, wie sicher alle wissen, auch Neuwahlen zum Präsidium und Verwaltungsrat auf dem Programm standen, waren am vergangenen Montag mit 189 stimmberechtigten Mitgliedern ungewöhnlich viele Mitglieder anwesend. Die JHV begann damit, dass der bisherige Präsident Wolfgang Möck die anwesenden Mitglieder begrüßte und sofort klar machte, dass er für eine weitere Wiederwahl zum Präsidenten nicht zur Verfügung stehe, sich aber durchaus vorstelle könne, in Zukunft im Verwaltungsrat tätig zu werden. Daraufhin bat er wie immer den Rechtsanwalt Martin Rilling die Moderation der Versammlung zu übernehmen. Da dies allerdings eine Aufgabe ist, die satzungsgemäß dem Präsidenten obliegt, folgte die übliche Frage, ob jemand etwas gegen die Moderation Martin Rillings einzuwenden hätte, was dieses Mal mit „Ja“ aus der Versammlung beantwortet wurde, da der Präsident selbst Verantwortung in einer so schwierigen Situation übernehmen muss und Martin Rilling als Anwalt des SSV keine neutrale Position einnimmt und dadurch als Moderator ungeeignet ist! Nach einem kurzen Moment peinlichen Schweigens in dem die offensichtlichen Ratlosigkeit Herrn Möcks kaum zu übersehen war, forderte Herr Eisenlohr eine Abstimmung über die Leitung der Versammlung, die zu einem sehr knappen Ergebnis, leider zugunsten Herrn Rillings, führte.
Also übernahm Martin Rilling sichtlich eingeschüchtert die Moderation der JHV und fuhr mit den Berichten aus den Abteilungen fort. Dabei ist zu erwähnen, dass lediglich die Fussballabteilung einen Redebeitrag hielt und die Berichte der restlichen Abteilungen wie üblich nur schriftlich vorlagen. Da laut Satzung auch der Kassenprüfer Bericht erstatten muss und dieser wie schon letztes Jahr nicht anwesend war, kam es in der Versammlung zu ersten turbulenten Szenen, die sich durch Zwischenrufe erboster Mitglieder sowie gegen diese Aussagen gerichteten Zwischenrufe meist älterer Mitglieder kennzeichneten. Allerdings war dies erst ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte. Als sich die Lage etwas beruhigt hat und Martin Rilling in seiner „gekonnt souveränen Art“ kritische Stimmen überging, verlas er also den schriftlich vorliegenden Bericht des Kassenprüfers, aus welchem u. A. hervorging, dass sich das Vereinsvermögen des SSV Reutlingen (Achtung: Kein Witz) am 30.09.09 auf 91 Euro belief. Außerdem wurde bekannt, dass unser SSV das Spieljahr 2008/09 mit einem Minus von 275 000 Euro abschloss und sich die fälligen Verbindlichkeiten auf einen Betrag von 614 000 Euro belaufen.
Die darauf folgende, über eine Stunde dauernde Aussprache wurde sehr turbulent und zeigte deutlich die erschreckende Inkompetenz der Verantwortlichen auf, die zum Teil auf Fragen keine Antworten wussten und lieber den eigentlich neutralen Moderator oder den mittlerweile zurückgetretenen Manager Klaus Weiss antworten ließen. Hier ging es auch recht ruppig zu und so ließen sich teilweise Personen, an die Fragen gerichtet wurden, es sich nicht nehmen, Mitglieder, die kritische Fragen stellten zu diskreditieren und nicht ernst zu nehmen. Außerdem ist die Lethargie vieler älterer Vereinsmitglieder erschreckend, die offensichtlich mit der derzeitigen Situation zufrieden sind und sich keine ernsthaften Gedanken darüber machen. Des Weiteren wurde gerade von älteren Semestern eine derartige Unruhe in die Veranstaltung gebracht, die von Zwischenrufen, Beleidigungen, unpassenden Beiträgen oder selbst Pfiffen oder Buh-Rufen begleitet streckenweise an einen Kindergarten erinnerte.
Nun nahm die Veranstaltung langsam Fahrt auf und wurde immer skandalöser. Der nächste Tagesordnungspunkt war die Entlastung des Präsidiums und Verwaltungsrates. Hier entbrannte dann auch wieder ein Streit über den anzuwendenden Wahlmodus (en bloc oder einzeln), der nur durch eine Abstimmung beendet wurde, die zugunsten einer En-Bloc-Entlastung ausging. Auf die Zwischenfrage wer denn überhaupt zu entlasten sei, mussten erst mehrere Präsidiumsmitglieder ihre ehemaligen Kollegen zusammentragen, was auch wieder ein deutliches Zeichen ist. Nun kam die eigentliche Abstimmung, die relativ ausgeglichen war, aber vom Moderator Rilling aufgrund seiner Schätzung als deutliche Entlastung festgestellt wurde. Daraufhin gab es massive Proteste aus der Versammlung, weshalb die Abstimmung wiederholt wurde und jetzt die Stimmen ausgezählt wurde. Hier stimmten nun aber die Mitglieder des Präsidiums und Verwaltungsrates mit ab, was einfach eine Frechheit ist! Am ende wurde das Präsidium mit 62:52 Stimmen bei zehn Enthaltungen sehr knapp entlastet. Der Verwaltungsrat wurde mit 70:38 Stimmen bei fünf Enthaltungen entlastet. Dies muss ein deutlicher Denkzettel für die Leistung der Verantwortlichen sein, da es Usus ist, dass nicht gegen eine Entlastung gestimmt wird und es wenn überhaupt nur eine größere Anzahl von Enthaltungen gibt.
Nun standen die Wahlen an. Den Anfang machte die Präsidiumswahl, welche nach abermaligem Streit und Abstimmung über das Wahlprozedere in zwei Teile geteilt wurde. Erst wurde der Präsident gewählt und danach en bloc die weiteren Präsidiumsmitglieder. Da Wolfgang Möck nicht mehr zur Verfügung stand, machte das scheidende Präsidium den Vorschlag Fritjof Eisenlohr zum neuen Präsidenten zu wählen. Nun stellte Herr Rilling die Frage nach weiteren Kandidatenvorschlägen, welche mit „ja“ beantwortet wurde und das Mitglied Werner Aichele erst Klaus Weiss vorschlug, dieser sich nicht zur Wahl stellte und darauf Werner Aichele sich selbst vorschlug, was auch nicht unbedingt die feine englische Art ist. Die Wahl gewann dann Fritjof Eisenlohr mit 101 Stimmen, wobei 86 Mitglieder keinen der beiden Kandidaten das Vertrauen schenkten und Werner Aichele zwei Stimmen (einschließlich seiner eigenen) verbuchen konnte.
Nun stellte der neue Präsident sein Team vor, das aus Stefan Hack, Hans-Jürgen Ewert, Jennifer Euler und Dr. Gunnar Teuchert besteht. Stefan Hack und-Jürgen Ewert waren bereits im letzten Präsidium tätig. Jennifer Euler ist als Mitglied der Geschäftsführung des SSV-Sponsors Euler & Wohlfahrt in dem leitenden Vereinsgremium sehr kritisch zu sehen und Dr. Gunnar Teuchert ist wohl einigen als Vereinsarzt des SSV bekannt. Inwieweit er dieser Aufgabe gewachsen sein wird, wird die Zukunft zeigen müssen, allerdings dürften in ihn wohl gegenüber seinen Kollegen die größten Hoffnungen gesetzt werden. Dieses Team wurde en bloc mit 97 Ja-Stimmen, 28 Nein-Stimmen und 64 Enthaltungen zum Präsidium gewählt.
Als nächstes wurde der Verwaltungsrat gewählt, wo geplant wurde, aussichtsreiche Gegenkandidaten aus der Fanszene zur Wahl vorzuschlagen, da wie schon anfangs erwähnt über dieses Gremien viel Einfluss ausgeübt werden kann und nicht so im Mittelpunkt des Interesses steht. Hier sollte der Chefredakteur von SSV-News, Jonas Eberle , in Absprache mit dem ehemaligen Verwaltungsrat in diesen gewählt werden. Dieser vertritt eine konträre Meinung zum etablierten Vereinsspitze und sah sich deshalb als alleiniger Vertreter der Fans in diesem Gremium von vornerein auf verlorenem Posten, weshalb dieser noch einen weiteren Vertreter der aktiven Fanszene zur Wahl vorschlagen wollte. Aufgrund des skandalösen Verlaufs der Sitzung und der unglücklichen Zusammensetzung des neuen Präsidiums entschied sich dieser allerdings nicht zur Wahl zur Verfügung zu stehen, weshalb auch die Wahl eines weiteren Fanvertreters nicht mehr zur Debatte stand. Somit konnte der ehemalige Verwaltungsrat mit Jürgen Rauscher, Walter Braun, Hans Hausschild und Eberhard Spohn nur noch vier Kandidaten vorschlagen, die aber durch die Kandidatur von Wolfgang Möck ergänzt wurden. Außerdem stellte sich Werner Aichele abermals selbst zur Wahl, was eigentlich von niemandem gewünscht wurde und ihn auch niemand in diesem Gremium haben wollte. Also wurde nach weiteren Kandidaten gesucht, bis aus der Mitte der Versammlung jemand den Reutlinger Kneipier Wolfgang Kohla vorschlug, da dieser sich bei der Aussprache ach den Berichten durch einige sehr engagierte Redebeiträge hervortat, die mit dem meisten Applaus bedacht wurde. Zum Zeitpunkt dieses Vorschlags befand er sich allerdings nicht mehr im Raum, weshalb er erst zurückgeholt werden musste und dann sich dann „leicht“ erstaunt zur Wahl stellte und als einziger der Kandidaten ohne Gegenstimme gewählt wurde. Die restlichen fünf „ernsthaften“ Kandidaten wurden dann mit für diesen Tag relativ deutlichen Mehrheiten, allerdings nicht ohne zu übersehende Gegenstimmen, gewählt. Die Kandidatur Werner Aicheles wurde dagegen mit 1:188 Stimmen abgeschmettert.
Was bedeutet diese Sitzung nun für die Zukunft? Durch den einfachen Platztausch der Posten von Wolfgang Möck (ob er den Verwaltungsratsvorsitz übernimmt, bleibt abzuwarten, ein weiterer Aussichtsreicher Kandidat hierfür ist Walter Braun) und Fritjof Eisenlohr wird sich wohl kaum etwas an der Vereinspolitik sowie den inneren Machtstrukturen ändern. Wenn man den wirklich grotesken Verlauf dieser Sitzung, der die Verantwortlichen und ihre eklatante Inkompetenz bloßgestellt hat, betrachtet wird man auch erkennen müssen, dass diese, selbst wenn es mit dem Verein weiter bergab geht, nicht freiwillig ihren Platz räumen werden, da sich zu sehr an ihrer Macht hängen. Wäre dies nämlich nicht der Fall, wäre die Sitzung, wie es auch von Mitgliedern gefordert wurde, abgebrochen worden und Neuwahlen mit einer gewissen Vorbereitungszeit angesetzt worden, um den Weg für neue Leute frei zu machen. So bleibt nur die Erkenntnis, dass es so weitergehen wird, wie bisher und als einzige Chance zur Veränderungen der totale Zusammenbruch und kompletter Neuaufbau bleiben wird.
Für viele, die eine Hoffnung auf Veränderung gehegt haben, stellt sich nun die Frage nach Sinn oder Unsinn eines Einsatzes für diesen Verein und viele werden sich mit Gefühlen wie Resignation, Wut oder Enttäuschung auseinandersetzen müssen. Hier kann nur der Aufruf getätigt werden nicht daran zu verzweifeln. Auch wenn gerüchteweise langjährig engagierte SSV´ler ihr Engagement unmittelbar nach der Sitzung aufgegeben haben und das zu respektieren ist, sollte es nicht unbedingt als Vorbild dienen. Nur wenn wir kritisch bleiben, können die nicht machen, was sie wollen!
Selbstkritisch müssen wir auch hier anmerken und nicht entschlossen genug mit der Materie zu beschäftigen.
Unsere Probleme als junge Gruppe mit eingeschränktem Wissen zu Vereinsabläufen, wirtschaftlichen Fragen und fehlenden Kontakten zu geeigneten Gegenkandidaten sind uns auch bekannt. Wir werden weiter daran arbeiten diese Probleme zu lösen, dabei sind wir aber auf die Mithilfe anderer engagierter SSV-Fans angewiesen. Leider kommt aus der restlichen SSV-Fanszene in dieser Beziehung auch wenig bis gar keine Initiative so dass wir hier weitestgehend allein auf weiter Flur stehen (wenige Ausnahmen bestätigen hier leider nur die Regel). Für Außenstehende mag es so gewirkt haben, als hätten wir auf der JHV nur „gemotzt und gemeckert“, ohne konstruktiv beizutragen.
Diejenigen Kritiker sollen sich aber fragen, ob diese fast schon naive Entlastung der Verantwortlichen und der Vertrauensbeweis sich nicht bald als großer Fehler herausstellen werden. Uns ging es darum, Leute aufzuwecken und zu versuchen ihnen die Augen für Dinge zu öffnen, die nun schon seit Jahren falsch laufen. Festzustellen bleibt, dass dies nur zum Teil gelungen ist. Aber wir bleiben weiter an der Sache dran, werden uns unsere Gedanken zu den zukünftigen Entwicklungen machen und auch weiterhin kritisch bleiben.
Der Verein gehört den Mitgliedern!